In einem aktuellen Briefing zur menschenrechtlichen Situation in Venezuela beschreibt Amnesty International, dass sich das südamerikanische Land weiterhin in einer multiplen Menschenrechtskrise befindet. Im Hinblick auf den komplexen humanitären Notstand, der sich unter anderem in mehrdimensionaler Armut, Ernährungsunsicherheit und dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte der Bevölkerung ausdrückt, sind keine Anzeichen einer Verbesserung sichtbar. Die systematische Repressionspolitik gegen tatsächliche sowie vermeintliche Kritiker*innen der Regierung von Nicolás Maduro hat sich in den vergangenen Monaten weiter verschärft, insbesondere willkürliche Inhaftierungen und das anschließende Verschwindenlassen der Betroffenen sind weiterhin an der Tagesordnung.
Amnesty International kommt nach Auswertung eigener Quellen sowie Berichten anderer im Land tätiger Organisationen sowie der Fact-Finding Mission der Vereinten Nationen zu dem Schluss, dass gegenwärtig für alle venezolanischen Staatsangehörigen das Risiko eines ernsthaften Schadens für Leben, Sicherheit und Freiheit innerhalb Venezuelas besteht. Für alle Personen, die Kritik an der Regierung Maduro äußern oder von dieser als Gegner*innen betrachtet werden, besteht die Gefahr einer Verfolgung aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Einstellung. Insbesondere für Menschenrechtsverteidiger*innen und soziale Aktivist*innen, Gewerkschaftsmitglieder, Journalist*innen und Mitglieder oppositioneller Parteien sowie deren Familienangehörigen besteht eine wohlbegründete Furcht, Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen einschließlich politisch motivierter Verhaftungen zu werden.
In Deutschland befand sich die Zahl venezolanischer Asylsuchender im vergangenen Jahr auf einem Rekordhoch, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verzeichnete 2023 insgesamt 3.756 Asylanträge venezolanischer Staatsangehöriger. Mehr als 90 Prozent von ihnen wurden im Freistaat Sachsen untergebracht, der bislang das Hauptaufnahmebundesland für venezolanische Asylsuchende darstellt. 2023 wurden jedoch erstmals seit mehreren Jahren wieder neun Personen aus Sachsen nach Venezuela abgeschoben.
Amnesty International fordert aufgrund der objektiven Umstände im Land und des komplexen humanitären Notstandes die Bundes- und Landesregierungen und insbesondere die Sächsische Regierung dazu auf, von weiteren Abschiebungen nach Venezuela abzusehen.